Fachtag B-Fair: Inklusive Beratung geht weiter

Drei Jahre nach dem Start  konnten die "Hilfen für Frauen" der Diakonie jetzt den Abschluss des Hauptprojekts "B-Fair  - Beratung einfach für alle" feiern. Dazu hatten Karin Hester, Leiterin der "Hilfen für Frauen" und ihr Team etwa 50 Mitarbeitende, Funktionsträger*innen und Betroffene zum Austausch, Input und Weiterdenken eingeladen– am vermutlich heißesten Tage des Jahres. Die gute Nachricht vorweg: Aktion Mensch hat zugesagt, das Projekt bis Ende Januar 2027 weiter zu unterstützen.

Und das ist auch gut so, denn vorher nahmen Frauen mit Beeinträchtigungen nur selten allgemeine Beratungsangebote wahr – weil sie ihnen nicht bekannt waren oder die Begrifflichkeiten („Schwangerschaftskonfliktberatung“) sie abschreckten. Das berichtete Heike Buschmann, Referentin bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. Sie forderte „mehr Angebote in leichter Sprache“.

Kathrin Römisch, Prof. an der Ev. Hochschule RWL sowie Unterstützerin von B-Fair, steht laut Karin Hester für die „Verzahnung von Wissenschaft und Praxis wie keine andere“. Sie erinnerte daran, dass Frauen mit Beeinträchtigungen zwei bis drei mal so häufig Opfer von Gewalt werden als Frauen ohne Beeinträchtigung, insbesondere, wenn sie in Institutionen leben. Als Gründe nannte sie u.a. täterfreundliche Strukturen und ein Machtgefälle, das durch verstärkte Partizipation gemildert werden könnte. Stimmen aus dem Plenum ergänzten: Die Ausbildung der Mitarbeitenden müsste angepasst und die Umsetzung von Partizipation in den Einrichtungen von der Politik stärker eingefordert werden.

In der anschließenden Podiumsdiskussion (ohne Podium – Vortragende und Zuhörende bewegten sich auf Augenhöhe) berichtete Giesbert Friege Junior von seinen Missbrauchserfahrungen als 14jähriger bei den Pfadfindern, als ihm seine Sprachbehinderung zum Verhängnis wurde. Er sprach als Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission West. 

Und es gab noch einen Mann in der ansonsten frauendominierten Veranstaltung: Klaus Tykwer leitet die Fachstelle für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (FUVSS) bei der Diakonie RWL.Tykwer appellierte: „Wir müssen die Schuld und Last von Kindern mit Beeinträchtigung nehmen. Sie haben nicht die Verantwortung, deutlich „Nein“ zu sagen. Sie können es bei uns lernen, aber wir haben die Verantwortung, sie zu schützen.“

Nun geht „B-Fair“ in die zweite Phase, die inklusiven (zum Teil digitalen) Gruppen- und Beratungsangebote (in der Beratungsstelle, in den Werkstätten oder bei den Frauen zuhause) gehen weiter, „mit zusätzlichen Schwerpunkten: Queere Lebenswelten, Sicherheit im Internet und Übergang Jugend-Erwachsenenwelt“, berichtet Janet Orlando, Projektleiterin von B-Fair. Aber was noch wichtiger ist: Bis Januar 2027 sollte der inklusive Ansatz auch auf andere Beratungseinrichtungen abgefärbt haben. Nicht nur in Recklinghausen.

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